Artenschutzprojekt Bachneunauge

Das Fließgewässersystem der Senne mit seinen zahlreichen ins Ems- und Lippesystem mündenden Sandbächen weist in weiten Teilen eine gute bis sehr gute Wasserqualität und eine naturnahe Gewässerstruktur auf. Die Oberläufe einiger Gewässer (insbesondere der Furlbach oder die im Truppenübungsplatz Senne entspringenden Bäche) sind in längeren Abschnitten weitestgehend unverbaut und zeichnen sich durch ihre hohe Natürlichkeit aus. In den Auebereichen der Sennebäche existiert ein reichhaltiges Nebeneinander sehr verschieden ausgeprägter Kleingewässer, die zusammen mit den zahlreichen z.T. sehr großflächigen Abgrabungsgewässern der Sennelandschaft ein sehr diverses Angebot unterschiedlicher Lebensbedingungen bereit halten. Diese Gewässertypenvielfalt und der gute Erhaltungszustand der Sennebäche ist Grundlage für eine hohe Artendiversität unter den Gewässerorganismen und das Vorkommen einiger hoch spezialisierter, z.T. hochgradig gefährdeter Arten.

Die Fischartenzusammensetzung der Sennebäche wird deutlich durch deren Wasserqualität beeinflusst. So treten in den näher an Bielefeld gelegenen Bächen, deren Wasserqualität in einigen Abschnitten zu wünschen übrig lässt, besonders Bachschmerle, Gründling und die allochtone Regenbogenforelle dominant auf. Die Bäche in Schloß Holte und Paderborn hingegen weisen eine allgemein erheblich bessere Wasserqualität auf, weshalb hier die Groppe und das Bachneunauge (ein Rundmaul) zu den dominanten Arten gehören. Auch die Bachforelle, die wie alle europäischen Salmoniden (Lachsfische) relativ hohe Ansprüche an Wasserqualität, Gewässerstruktur und Nahrungsangebot stellt, ist in den Sennebächen weit verbreitet. Da sie aufgrund ihrer fischereiwirtschaftlichen Bedeutung zu den beliebtesten Besatzfischen zählt, ist jedoch unklar, in welchem Umfang sich diese Art hier auch tatsächlich reproduziert. Als weitere Fischarten der Sennebäche sind Aal, Bitterling, Drei und- Neunstacheliger Stichling, Elritze und Moderlieschen zu nennen. Die Artengemeinschaft aus autochtoner Bachforelle, Groppe und Bachneunauge stellt einen besonderen Wert der Sennebäche dar. Groppe und Bachneunauge sind überregional gefährdet und genießen europaweit einen besonderen Schutzstatus.

Das zu den Rundmäuler gehörende Bachneunauge unterscheidet sich durch den unpaaren Flossensaum, die schuppenlose Haut, das runde, mit Hornzänen umstellte Saugmaul und den Besitz eines Larvenstadiums augenscheinlich von den Knochenfischen. Die Nasenöffnung, das Auge und die sieben dahinterliegenden Kiemenöffnungen des Bachneunauges sind in einer Reihe angeordnet und gaben ihm seinen irreführenden Namen. Das Bachneunauge besiedelt klare Bäche und kleine Flüsse in der Forellen- und Äschenregion. Die meiste Zeit seines Lebens (3 bis 4 Jahre) verbringt es eingegraben und filtrierend im Larvenstadium, das als Querder bezeichnet wird. Bei den ausgewachsenen Tieren ist der Darm degeneriert und sie müssen nach der Eiablage sterben. Die eigentümliche Gestalt und Lebensweise haben Bachneunauge eine Reihe von Trivialnamen eingebracht (Adultus: Pricke, kleine Pricke, Neunhocker / Larvenstadium: Leinaal, Kieferwurm, Uhle). In den Sennebächen in den Sandbächen ist das Bachneunauge weiter verbreitet, als früher angenommen. Nachweise existieren aus folgenden Bächen: Sprungbach, Wapel, Rodenbach, Furlbach, Ems, Knochenbach, Krollbach, Haustenbach, Grimke und Lutter.

Negative Auswirkungen auf Fische, Rundmäuler und anderen Fließgewässerorganismen der Sennebäche hat momentan in einigen Abschnitten die Fragmentierung der Fließgewässer durch Stauanlagen und Stauwehre. Solche Barrieren stellen Hindernisse dar, die von vielen Arten bei ihrer Wanderung bachaufwärts nicht überwunden werden können. Die Bäche verlieren dadurch somit ihre Durchgängigkeit. Abhilfe schaffen schon heute stellenweise künstliche Umfluten, die als „Fischtreppe“ fungieren. Im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie werden die in einigen Abschnitten noch vorhandenen Mängel voraussichtlich in naher Zukunft behoben.

Ein spezielles Problem betrifft zudem das Bachneunauge: Seine Querder verbergen sich gerne im feinen Sediment von Bachbereichen mit langsamer Fließgeschwindigkeit, wie etwa die Einflußbereiche von Sandfängen. Dabei handelt es sich durch künstlich angelegte Bachaufweitungen, in denen die mitgeführte Sandfracht der Bäche sedimentieren und aus dem Bach entnommen werden kann.Da derartige Sandfänge zur Erhaltung ihrer Funktion durch den Wasserverband Obere Lippe regelmäßig geräumt werden müssen, sind Bachneunaugen hier akut bedroht. Die Biologische Station Kreis Paderborn-Senne begleitet deshalb die regelmäßig durchgeführten Räumungsarbeiten, sammelt die ausgebaggerten Bachneunaugen auf und setzt sie anschließend wieder ins Fließgewässer zurück. Die Zahl der bei einer Sandfangräumung auf diese Weise geretteten Bachneunaugen liegt dabei regelmäßig im Bereich von über 500 Individuen, weshalb sich der betriebene Aufwand wirklich lohnt.

 

Kontakt

Christian Venne
Biologische Station Kreis Paderborn-Senne
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