Zweifarbfledermaus - Ein bemerkenswerter Fledermausfund

 

Am 27. November. 2015 bekamen wir einen Anruf von einer Mitarbeiterin der Universität Paderborn. Auf einem Zwischendach eines Universitätsgebäudes lag eine Fledermaus reglos. Die Anruferin konnte nicht sagen, ob die Fledermaus noch lebte. Zum Schutz vor Feinden hatte sie einen Karton über das Tier gestellt.

Wir holten die Fledermaus ab. Nachdem die Fledermaus im warmen Raum war, wurde sie sehr lebendig. Es war ein lautes Zischen und Klacken zu vernehmen. Dieses Verhalten und ihr Aussehen ließen darauf schließen, dass es sich nicht um eine Zwergfledermaus handelte, die üblicherweise in und an Gebäuden in Paderborn gefunden werden.

Es stellte sich heraus, dass der Findling eine der auffälligsten schönsten Arten - eine Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus) war.

 

Diese Fledermausart ist eine typische Felsfledermaus. Da es nur wenige offene Felsen und Klippen gibt (die meisten sind zugewachsen in Wäldern), nutzt die Zweifarbfledermaus hohe Gebäude, die den Felsen ähnlich erscheinen. Während die meisten anderen Fledermausarten bereits im Winterschlaf sind, ist die kältetolerante Art noch sehr aktiv: die Balz- und Paarungszeit ist jetzt im November/Dezember.

Woher unser Fundtier, ein diesjähriges Weibchen, stammt, ist unbekannt. In NRW sind bisher keine Reproduktionsgebiete (Wochenstuben) bekannt. Die nächsten bekannten Sommerquartiere sind im Harz.

Die Zweifarbfledermaus hat im Gegensatz zu den anderen Arten nicht zwei sondern vier Zitzen und bringt meist Zwillinge, selten sogar Drillinge zu Welt. Ähnlich wie die Zugvögel ziehen die Zweifarbfledermäuse von den Sommerquartieren zu den Winterquartieren. Die bisher weiteste gemessene Entfernung (durch Beringung) waren 1787 km von Russland nach Frankreich. Bei den Zugvögeln findet das Zugverhalten instinktiv statt. Fledermausjungtiere orientieren sich nach ihren Müttern. So ist unser Fundtier vielleicht zusammen mit anderen Tieren der Wochenstuben-gesellschaft nach Paderborn gekommen.

Die hohen Gebäude der Universität Paderborn dürften als Balzquartier dienen. Die Männchen locken mit Balzflügen und Rufen um hohe Gebäude die Weibchen zur Paarung an.

Der „Pflegling“ war zum Glück unverletzt, verschlang gierig die angebotenen Mehlwürmer und konnte alsbald am Fundort in der Abenddämmerung wieder fliegen gelassen werden.

 

 

 

Literatur

Dietz, Ch., O. Von Helversen & D. Nill (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Franckh-Kosmos.

Brandes, F. & Rackow, w.(2011): Indirekte Wochenstuben-Nachweise der Zweifarbfledermaus in Niedersachsen. Nyctalus 16, 75-78.

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) (2015): Naturschutz-Fachinformationssystem „Geschützte Arten in NRW“ www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe/saeugetiere/liste (abgerufen am 09.12.2015)