Bemerkenswerte Pilzfunde auf der Weide der Senner Pferde

Seit dem Mai 2000 werden im NSG „Moosheide“ Senner Pferde als Landschaftspfleger eingesetzt.  Auf einer über 20 ha großen und von zahlreichen Gehölzinseln durchsetzten Fläche weidet vom Frühjahr bis in den Spätherbst eine kleine Herde dieser schon sehr alten und genügsamen Pferderasse. Auf den sandigen und überwiegend trockenen Böden gedeiht nur ein spärlicher, für die geringe Zahl der Pferde aber ausreichender Aufwuchs, eine Zufütterung erfolgt nicht.

 

Ziel dieser extensiven Pferdebeweidung ist der Erhalt der offenen Landschaft und die Entwicklung strukturreicher Grasfluren als Lebensraum für zahlreiche gebietstypische Tier- und Pflanzenarten. Positive Auswirkungen sind dabei auch in Bezug  auf die Pilzflora zu erwarten, die im ungedüngten und lange Zeit extensiv genutzten Grünland sehr artenreich sein kann. Viele Pilze stellen sich zwar erst nach 30 bis 50 Jahren ein, mit einigen interessanten Arten kann aber schon nach 10 bis 15 Jahren gerechnet werden. Im November 2015 wurde die Pferdeweide deshalb erstmalig von einem Mykologen (Pilzkundler) untersucht.

 

Herausragender Fund war die Punktierte Porenscheibe (Poronia punctata), ein coprophiler Pilz (Dungpilz), der in Deutschland jahrzehntelang als ausgestorben galt,  jetzt aber im Zuge der in vielen Regionen durchgeführten Beweidungsprojekte allmählich zurückkehrt. Die Art ist auf Pferdedung spezialisiert, vermag dieses Substrat aber nur zu besiedeln, wenn sich die Pferde (wie in der Moosheide) ausschließlich vom Aufwuchs nährstoffarmer Flächen ernähren und kein Kraftfutter (wie Hafer oder anderes Getreide) erhalten.

 

Der erste Wiederfund der Punktierten Porenscheibe in Deutschland gelang 2003 in einem Schutzgebiet an der niederländischen Grenze, wo Koniks zur Offenhaltung des Geländes eingesetzt werden. Das Vorkommen in der Moosheide ist jetzt das achte auf Bundesebene und das zweite in NRW.

 

Dungpilze wie die Porenscheibe waren aber nicht das eigentliche Ziel der Untersuchung, gesucht wurde vielmehr nach Arten, die eine langjährige Bodenreife anzeigen und nur im nährstoffarmen Extensivgrünland konkurrenzfähig sind. Hierzu zählen insbesondere verschiedene Saftlinge, Rötlinge, Wiesenkeulen und Erdzungen.

 

Leider war 2015 in Bezug auf Wiesenpilze ein eher schlechtes Jahr und so waren auch auf der Weide der Senner Pferde in diesem Herbst nur sehr wenige Pilze zu finden. Darunter befanden sich aber mit der Schleimigen Erdzunge(Geoglossum glutinosum) und einer weiteren Erdzunge (Geoglossum elongatum) zwei recht seltene und besonders schützenswerte Arten.

 

Die Schleimige Erdzunge gilt in NRW als stark gefährdet (Rote Liste-Kategorie 2) und ist in Ostwestfalen weitestgehend auf die Senne beschränkt. Besiedelt werden ausschließlich sehr nährstoffarme Standorte im Extensivgrünland und moosreiche und noch nicht zu stark versauerte Sandmagerrasen.

 

Von der anderen Erdzunge (Geoglossum elongatum, einen deutschen Namen hat sie noch nicht) existieren bundesweit erst wenige gesicherte Nachweise, die Mehrzahl davon aus der Senne. Sie hat sehr ähnliche Standortansprüche wie die Schleimige Erdzunge, ist aber wahrscheinlich noch besser an trockene Sandböden angepasst. Fruchtkörper werden erst spät im Jahr ausgebildet (kaum vor Mitte November) und Geoglossum elongatum steht fast ausnahmslos in besonders kurzrasigen Bereichen. Ein häufiger Begleiter ist hier das Kleine Habichtskraut (Hieracium pilosella).

 

Neben diesen kleinen und eher unscheinbaren Pilzen gibt es auf der Weide der Senner Pferde aber durchaus auch Pilze, die mit kräftigen Farben auf sich aufmerksam machen. Als Beispiel sei hier der Mennigrote Saftling (Hygrocybe miniata) aufgeführt, eine Charakterart nährstoffarmer und saurer Sandböden. Dieser Saftling steht zwar noch nicht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, ist aber schon lange nicht mehr häufig und nur noch im sehr extensiven Grünland, in reicheren Sandmagerrasen und in noch jungen Heidegesellschaften zu finden.

 

Ingo Jürgens (ingo.juergens(at)gmx.com)

 

Schleimige Erdzunge (Geoglossum glutinosum) / © I. Jürgens
Erdzunge (Geoglossum elongatum) / © I. Jürgens
Mennigroter Saftling (Hygrocybe miniata) / © I. Jürgens